Auf dem Jakobsweg trotz Corona? Gedanken, Tipps und offizielle Hinweise zum pilgern in der Pandemie
Vielleicht geht es dir genauso wie mir und du musstest bereits letztes Jahr deine Wanderung auf dem Jakobsweg wegen Corona und seinen Auswirkungen verschieben. In diesem Jahr hast du dir fest vorgenommen, dich von nichts aufhalten zu lassen und willst nun den Jakobsweg trotz Corona gehen.
Aber ist das überhaupt möglich? Ist es sinnvoll? In diesem Artikel erfährst du einiges über meine Gedankengänge zur Wanderung auf dem Jakobsweg trotz Corona und über die offiziellen Hinweise aus Spanien zu diesem Thema.
Also aufgepasst und los geht’s….
Gesellschaftliche Aspekte
Allgemein herrscht aktuell die Meinung, es sei am besten, wenn jeder seine sozialen Kontakte, so weit es geht, herunter fährt und möglichst viel in den eigenen vier Wänden bleibt.
Dieser Meinung muss ich mich unabhängig vom Wandern absolut anschließen. Immerhin wollen wir nicht nur uns selbst, sondern auch andere Menschen schützen und dazu gehört aktuell leider einiges an Verzicht.
Dennoch bin ich regelmäßig allein oder mit einer weiteren Person in der Natur zum Wandern. Denn damit habe ich die Chance, ohne viel Kontakt zu anderen Menschen meinen Kopf frei zu kriegen und die viele Freizeit sinnvoll mit etwas Gesundem zu verbinden.
Mein Hobby verursacht also keine wesentlichen sozialen Kontakte und ist außerdem gesund.
Nun lebe ich allerdings in Deutschland und eine Wanderung in Spanien steht auf einem anderen Blatt. Ob es der Jakobsweg trotz Corona sein muss oder dir auch eine Fernwanderung in Deutschland die gleiche Freude bereiten kann, musst du natürlich persönlich für dich abwägen. In jedem Fall solltest du die gesellschaftlichen Aspekte dabei nicht aus den Augen verlieren.
- Frage dich, ob eine Verschiebung deiner Reise infrage kommt.
- Überlege, ob du nicht eine Alternative in Deutschland findest.
- Denk darüber nach, ob deine Interessen in diesem Fall andere Mitmenschen belasten könnten.
Rechtliche Aspekte
Die Regularien, ob eine Einreise in andere EU Länder möglich ist und unter welchen Bedingungen Ein- und Ausreise geregelt sind, ändert sich ständig. Aktuell ist die Einreise und die Ausreise in andere Länder jeweils nur mit einem negativen PCR Test möglich, welcher nicht älter als 3 Tage sein darf. Selbst dann ist häufig bei Rückkehr mit einer Quarantäne zu rechnen. Du solltest also für alle Eventualitäten gerüstet sein und auf die Reisezeit noch etwas aufschlagen, falls du nicht direkt nach der Rückreise wieder frei zur Arbeit (oder Schule etc.) gehen kannst. Aktuell (April 2021) gehören die Jakobswegteile Portugals und viele Teile der gängigeren Jakobswege in Spanien nicht in die Kategorie „Risikogebiete“ – das heißt es lieg für die meisten Regionen keine Reisewarnung vor. Dennoch wird von touristischen Reisen abgeraten.
- Prüfe in jedem Fall vor Antritt der Reise, welche Regionen Spaniens oder Portugals du durchquerst.
- Informiere dich dann, ob diese Regionen spezielle Regularien haben oder ob eine Reisewarnung vorliegt (Website Auswärtiges Amt).
- Prüfe welche Bestimmungen für die Ein- und Ausreise gelten.
- Halte dir 1 – 2 Wochen extra frei, um ggf. eine Quarantäne antreten zu können.
- Überprüfe den Schutz deiner Auslandskrankenversicherung – nicht immer, sind Corona Auswirkungen abgedeckt.
- Bedenke das beim Einreisen per Landweg (z. B. Portugal nach Spanien) eventuell besondere Regeln gelten.
Weitere Aspekte
Die Frage, ob du die Reise moralisch oder gesellschaftlich vertreten kannst, ist superindividuell. Die rechtliche Seite deiner Reise ist schnell abgeklärt. Über diesen beiden Punkte kam ich persönlich während meiner Planung für dieses Jahr schnell hinweg. Auch wenn sich die rechtliche Seite leider ständig verändert hat. Viel schwieriger fand ich es herauszufinden, was tatsächlich gerade auf dem Jakobsweg trotz Corona „abgeht“. Haben Herbergen geöffnet? Gibt es derzeit Stempel und Urkunde? Finde ich unterwegs andere Pilger? Was kann ich wo essen?
Diese Fragen zu klären fand ich persönlich unglaublich mühsam. Mit diesem Beitrag möchte ich dir helfen, deine Suche abzukürzen.
Mein Tipp: Die App CNO. Santiago
Ich empfehle dir auf jeden Fall diese App herunterzuladen. Sie ist sowohl für Android als auch für iOS kostenlos verfügbar. Standardmäßig ist Sie zwar auf Spanisch eingestellt, du kannst die App in den Einstellungen aber auf Englisch umstellen. Eine deutsche Version gibt es leider nicht.
In dieser App bekommst du Karten (online & offline) vom Jakobswege Netzwerk in Spanien und Portugal. Viel wichtiger jedoch, du findest mit dieser App die Herbergen entlang des Weges. Innerhalb der App siehst du dann auch, welche Herbergen überhaupt auf haben und ob diese Herbergen weitere Einschränkungen haben. Allein für diese Funktion ist die App absolut unverzichtbar für die aktuelle Zeit. Leider ist die App katastrophal zu bedienen und absolut nicht übersichtlich. In einem weiteren Beitrag informiere ich euch demnächst über die wichtigsten Punkte der App und gebe ein paar Tipps zur Nutzung.
Die offiziellen Hinweise Spaniens
Spanien hat für Pilger auf drei Infobildern Tipps für die Pilger in der aktuellen Zeit zusammen gefasst. Diese Tipps solltest du unbedingt gelesen haben und für deine Reise beherzigen. Immerhin wirst du ein wenig extra Gepäck planen müssen. Damit du nicht lange suchen musst, sind hier die Tipps:
Vor der Abreise:
- Versuche möglichst online oder mit kontaktloser Zahlweise zu bezahlen.
- Bring etwas Bargeld mit als Spende für Pilgerherbergen.
- Zur Übernachtung in Hostels oder Pilgerherbergen benötigst du aktuell deinen eigenen Schlafsack.
- Du benötigst deine eigene Wasserflasche (wiederverwendbar) und dein eigenes Besteck, um in Hostels und Pilgerherbergen zu essen.
- Bring deinen eigenen Stift mit.
- Ins Gepäck gehören Masken, Hydrogel und Desinfektionsspray.
Auf dem Weg:
- Lass deinen Rucksack draußen, wenn ein Schließfachservice angeboten wird.
- Benutz den Pilgerstempel nicht selbst und bitte darum, den Stempel von den Angestellten zu erhalten, damit du diesen nicht anfassen musst.
- Halte genug Abstand zu anderen.
- Reinige und desinfiziere Stühle und Tische, bevor du sie benutzt.
- Vor und nach der Nutzung von Trinkwasserspendern bitte die Hände mit Hydrogel waschen und nie aus dem Hahn trinken.
- Benutze dein Smartphone um in Restaurants Menükarten online anzusehen, statt die Karten im Restaurant anzufassen.
- Halte an Aussichtspunkten besonders Abstand und fasse nichts an.
In der Pilgerherberge
- Hostels & Pilgerherbergen bieten aktuell keine Wunderversorgung oder medizinische Hilfe an. Suche dafür einen Arzt oder ein Krankenhaus auf.
- Fass nicht die Rucksäcke anderer an. Desinfiziere deinen Rucksack und packe ihn in eine Plastiktüte. Verstaue all deinen Besitz im Rucksack.
- Plane deine Mahlzeiten im Voraus. Sowohl die Küche als auch der Essbereich ist meistens geschlossen.
- Lass ggf. dein Fahrrad draußen, wenn du es mit hinein nehmen willst, musst du es desinfizieren
Aus diesen Hinweisen ergeben sich natürlich einige Probleme. Wenn die Herbergen kein Essen und keine Kochmöglichkeiten anbieten, wird deine Reise vermutlich wesentlich teurer und lässt sich weniger entspannt planen. Denn nun musst du dir Gedanken machen, wo du etwas zu essen bekommst. Da du ohnehin dein eigenes Besteck mitnehmen musst, empfehle ich dir etwas einzupacken, damit du unterwegs essen kochen / warm machen kannst. Zum Beispiel eine Bushbox und einen Trangia Brenner. Mehr dazu findest du hier.
Des Weiteren empfehle ich dir ein Zelt noch besser eine Hängematte mit einzupacken. Den Schlafsack hast du ja ohnehin schon im Gepäck. Mehr zum Zelten auf dem Jakobsweg findest du hier.
Neben der CNO. Santiago App findest du das Infobild und weitere Informationen wenn du hier clickst.
Also, Jakobsweg trotz Corona?
Ja, es ist möglich, den Jakobsweg trotz Corona zu gehen. Wenn du dich trotz der Widrigkeiten dafür entscheidest, ist dies in meinen Augen absolut machbar. Natürlich wirst du mehr Gepäck benötigen und du wirst dich auch dem ein oder anderen Hindernis mehr stellen müssen. Auf jeden Fall unterstützt du mit deiner Reise Leute, die von Pilgern leben und aktuell eine schwere Zeit durchmachen. Denk aber auch an deine Verantwortung gegenüber deinen Mitmenschen und dir selbst. Gehe auf keinen Fall ohne ausreichenden Versicherungsschutz und Notfallplan auf die Reise. Versuche mehr im Voraus zu planen, viele spontane Möglichkeiten fallen derzeit weg. Der Jakobsweg trotz Corona wird so oder so eine besondere Herausforderung.
Und eins kann uns die Pandemie nicht madig machen: Die Schönheit der Natur!
Hallo, ja auch mit Corona kann man pilgern. Ich bin mitten in die Pandemie und kurz vorm Lockdown in Spanien zum Camino Frances aufgebrochen. Mein Sohn 27 und ich 48 hatten uns vorbereitet und geplant. Die Zeit war reif sozusagen…Nach dem 1. Lockdown in Deutschland sahen wir unsere Chance. Die Ausrüstung war gepackt, da verschlechterte sich die Lage mit Corona wieder. Was sollten wir machen? Wir entschieden uns dennoch zu pilgern. Wir hangelten uns von Nachrichten zu Nachrichten, wollten ja kein Risiko eingehen und niemanden gefährden oder gar selbst erkranken. Kurz vor Abreise gab es keine Flüge mehr, wir stiegen auf den Zug um. Anreise verlängert um einen Tag da wir von Deutschland über Paris mit Zwischenübernachtung nach Frankreich mussten. 4 Tage vor Abreise wurde uns mitgeteilt, dass alle Küchen und Verpflegungsmöglichkeiten in Frankreich und Spanien in allen Herbergen untersagt werden. Wir kauften Kocher und Geschirr und schleppten alles mit. Zusätzlich zum Gewicht der Ausrüstung kamen nun alle Geschirrteile, Besteck, Kocher, Topf und eine Grundausrüstung an Lebensmitteln wie Instantgetränke und Suppen, Müsliriegel und Äpfel sowie ausreichend Masken und Desinfektion. Gewicht dennoch nur 10 kg pro Person. In Frankreich vor den Pyrännen ging es los mit einer Übernachtung in der Herberge. Beim Start im Pilgerbüro waren wir die ersten Pilger seit Monaten aus Deutschland. Über das Gebirge schafften wir noch unser Ziel ins Kloster Roncesvalles, ab da war fast alles geschlossen. Wir bekamen zwar mit Mühe immer ein Bett, mussten aber ab da schon 24 Stunden Maskenpflicht einhalten!, Geschäfte hatten nur noch unregelmäßig auf, offizielle Herbergen alle geschlossen, kaum Restaurants. Die Natur und die Zweiergemeinschaft war herrlich, der Weg beschwerlich aber die Reise abenteuerlich. Einige Stationen mussten wir mit dem Bus überwinden. Diese fuhren nur noch ganz vereinzelt und selten. In Städten wie Pamplona oder Burgos trafen wir keine Menschen mehr. Ausgangssperren setzten ein. Wir haben es bis Santiago in 4 Wochen geschafft. Viele Erfahrungen gesammelt und gesundheitlich keine Probleme gehabt. Rückreise nach Deutschland fast nicht mehr möglich, alles geschlossen und Grenzen dicht, keine Flüge, keine Bahn. Wir sind zu guter Letzt mit dem Flixbus 32 Stunden!!!! gefahren für 270 Euro pro Person! Eine Katastrophe, aber gut gemeistert. Das Ende vom Lied?!?!?! Wir laufen dieses Jahr wieder, auch mit der Corona Pandemie und zwar den Camino Portugues Küstenweg im Juni 21. Wer mutig, abenteuerlustig und organisiert ist kann auf jeden Fall pilgern gehen, auch in solchen Zeiten.
Hi Ronni! Vielen Dank für den tollen Reisebericht. Eure Abenteuerlust und Entschlossenheit kann ich nur bewundern. Hut ab!
Ich wünsche euch zwei alles Gute und ganz viel tolle Eindrücke auf dem Küstenweg. Die Landschaft ist wirklich beeindruckend und die Schönheit der nahen Küste macht den Weg zu etwas ganz Besonderem.
Hallo, danke Felix und danke Ronni. Mein Freund und ich liefen mit zwei weiteren Freunden September/Oktober letzten Jahres die Nordküste entlang. Diese Jahr wollen wir unsere Reise an der Nordküste weiter fortfahren. Unsere Anreise war ähnlich wie bei Ronnie per Zug und dann natürlich auch immer noch mit der Ungewissheit ob wir in Spanien einreisen dürfen. Vor allem auch die Bedenken ob man problemlos von Land zu Land laufen darf.
Zudem hat es sich schon als sehr schwierig erwiesen Herbergen zu beziehen, da wir vorrausschauend Zelte eingepackt haben und zu viert auch mal private Appartments mieten konnten gab es für alles immer eine Lösung. Natürlich muss man dazu sagen, dass es oft ohne die Hilfe der super netten Einheimischen nicht immer so toll ausgegangen wäre. Leider trafen wir auch auf sehr wenige Pilger, umso intensiver waren dann die Begegnung. Die Atmosphäre war sicherlich eine andere als es gewöhnlich auf dem Jakobsweg ist, allerdings fühlten sich die Aufenthalte in den kleinen Herbergen genau dadurch sehr sehr familär an (fast so als würde deine eigene Tante sich um dich kümmern). Das mit der Nahrungsaufnahme haben wir nicht als so problematisch empfunden, meistens konnten wir uns in einem Supermarkt mit Essen eindecken. Schwierig wars tatsächlich nur mit den Unterkünften, weil alle staatlichen Herbergen und auch viele Touristen Infos zu hatten. Wenn man mit einem Handy und Internetverbindung ausgerüstet ist sollte dies aber auch kein Problem darstellen.Trotz allem war es eine mega tolle Erfahrungen, die super freundlichen und hilfsbereiten Spanier, die Landschaft entlang der Küste und wie weit die eigene Grenze so gehen kann. Wir werden auch dieses Jahr wieder die Hürde auf uns nehmen und den Camino del Norde fertig laufen und hoffen irgendwann den „normalen“ Jakobsweg kennen lernen zu dürfen.
ihr lieben, schön zu hören, dass es doch möglich ist zu pilgern.
wie sieht es aktuell in den Unterkünften aus? Sind die (teilweise?) geöffnet? Sollte man vorab buchen?
ich würde gerne den portugiesischen Teil gehen und frage mich, ob die Überquerung der Landesgrenze pandemiebedingt relativ einfach ist?
Ich würde „andersrum“ gehen, in Leon starten wollen und in Porto enden. Hat da jemand Erfahrungen? Ich bin unerfahren, was das pilgern angeht, würde aber gerne diesen Sommer endlich nutzen, da es von mir schon immer ein Kindheitstraum war.
Hi,
in der im Text genannten App kannst du zumindest prüfen ob Pilgerherbergen geöffnet sind. Andere Unterkünfte sind natürlich per AirBnB oder per Booking verfügbar. Da solltest du eigentlich keine Schwierigkeiten haben deine Übernachtungen zu planen. Meistens kannst du auch noch ziemlich kurzfristig buchen, da der Weg nicht so ausgelastet ist wie sonst.